CHRONIK DER EREIGNISSE / 2022 /
Vortrag von Igal Avidan
Mod (Mohamed) Helmy (1901–1982) kam aus Kairo zum Medizinstudium nach Berlin. Er wurde Internist am damals namhaften Krankhaus Moabit und blieb. Nach 1933 gehörte Helmy zu denjenigen Ärzten, die weiterhin jüdische Patienten und Patientinnen behandelten, doch als gebürtiger Ägypter und Muslim galt er den Nationalsozialisten als „Nichtarier“ und seine Anstellung wurde nicht verlängert. So eröffnete er 1938 eine Privatpraxis und half weiterhin allen, die Hilfe brauchten. Von der Gestapo wurde er überwacht, bedrängt und zeitweise inhaftiert. Ab 1942 versteckte er die junge Jüdin Anna Boros und half auch deren Familie, der ständig drohenden Verhaftung und tödlichen Deportation zu entgehen. Ab 1945 war Mod Helmy in Berlin als Kassenarzt tätig.
Seine Würdigung als „Gerechter unter den Völkern“ in Yad Vashem erlebte er freilich nicht mehr. Mit dem Vortrag wollen wir an jene erinnern, die in der antisemitisch und rassistisch aufgeladenen Zivilbevölkerung Nazideutschlands besonnen blieben und mutig handelten.
Igal Avidan
Der israelische Journalist und Politikwissenschaftler Igal Avidan, Jahrgang 1962, sprach in Berlin mit ehemaligen Nachbarn und Kollegen des Arztes, sichtete Archivmaterial und fand die Verstecke von Helmys Schützlingen. In seinem Vortrag stellt er Leben und Wirken dieses außergewöhnlichen Arztes vor und blickt dabei auch auf ein Nachkriegsdeutschland, das sich schwer damit tat, zugefügtes Leid anzuerkennen und widerständiges Handeln zu würdigen.
Foto: Yehuda Altmann
/ quelle /
Gedenkveranstaltung zu Ehren der Opfer der Weltkriege und der Gewaltherrschaft
Jüdischer Friedhof in der Werner-von-Siemens-Straße
Gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde und der Stadt Würzburg erinnert die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Würzburg und Unterfranken e.V. auf dem Jüdischen Friedhof an die Toten der Weltkriege und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Wieder werden Schüler und Schülerinnen der David-Schuster-Realschule in Würzburg an der Gedenkveranstaltung mitwirken.
Sie lesen in alphabetischer Reihenfolge weitere 50 Namen mit kurzen biographischen Angaben der über 2000 deportierten und ermordeten jüdischen Bürger und Bürgerinnen aus Würzburg und Unterfranken.
Gemeinsam behalten wir die Toten in ehrender Erinnerung und mahnen zu Frieden und Akzeptanz von kultureller und religiöser Vielfalt.
/ quelle /
Vortrag von Noam Zadoff
im Gemeindezentrum Shalom Europa
1923 verließ Gershom Gerhard Scholem (1897–1982) Deutschland, um seinen zionistischen Traum im Land Israel zu erfüllen. In seiner 1977 erschienenen Autobiographie beschreibt Scholem seine Emigration „von Berlin nach Jerusalem“ als eine Einbahnbewegung.
Doch er blieb auch nach seiner Auswanderung mit der jüdischen intellektuellen Welt in Deutschland in Kontakt. Nach dem Holocaust reiste er häufig in den deutschsprachigen Raum und kehrte allmählich in sein Geburtsland Deutschland zurück: als zentrale Figur der Eranos-Tagungen, als Herausgeber und Autor des Suhrkamp Verlags und als Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin.
In den letzten Jahren seines Lebens wurde Gershom Scholem in Deutschland auch als moralische Autorität betrachtet.
Der Vortrag erzählt Scholems „Rückkehr“ in die Bundesrepublik Deutschland
Noam Zadoff
Assistenzprofessor am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck
Von dem vielfach ausgezeichneten Gegenwartshistoriker Dr. Noam Zadoff erschien 2020 das Buch „Von Berlin nach Jerusalem und Zurück: Gershom Scholem zwischen Israel und Deutschland“ bei Vandenhoeck & Ruprecht. Eine hebräische Biographie Scholems veröffentlichte Zadoff 2022 bei Shazar Press, Jerusalem. Ebenfalls 2020 brachte er eine „Geschichte Israels: Von der Staatsgründung bis zur Gegenwart“ im Verlag C. H. Beck, München, auf den deutschsprachigen Buchmarkt.
Foto: privat
/ quelle /